Guter Bürgermeister – böser Gemeinderat?

Zu dem derzeit viel diskutierten Verhältnis zwischen Bürgermeister und Gemeinderat schreibt unser Mitglied Fritz-Ulrich Deuringer in einem Leserbrief an die BNN (als Reaktion auf die Leserbriefseite in den BNN vom 30.01.2019):

In mehreren der heutigen Leserbriefe wurde gelobt, dass Herr Huge demächst Bürgerbegehren zu mehreren Großprojekten der Gemeinde durchführen will. Eigentlich hatte ich gedacht, wir leben in einer Parlamentarischen Demokratie. D.h. der Bürger wählt seine Vertreter, die versorgen sich mit viel Mühe und Ernsthaftigkeit in vielen Stunden und Diskussionsrunden mit Hintergrundinformationen, dann wird im Rat debatiert, abgestimmt, und wenn die Argumente gut sind, wird zugestimmt, sind sie es nicht, wird abgelehnt oder es werden weitere Informationen gefordert. So die Theorie. Und jetzt sollen also demnächst bei allen Projekten, bei denen der Bürgermeister die Mehrheit des Gemeinderats nicht überzeugen kann, die Bürger selber abstimmen, zwar in der Regel ohne detailliertes Hintergrundwissen, dafür mit klaren Sympathien und Antipathien. Hat er daran gedacht, dass damit die ehrenamtliche Arbeit des Gemeinderats ad absurdum geführt wird? Die Folge: Es ist jetzt schon schwierig – und zwar für alle Parteien – genügend Kandidaten für die Wahllisten zu finden. Das wird in Zukunft sicher nicht einfacher, wenn man weis, dass man in Zukunft nur noch eine Statistenrolle hat. Vielleicht wären vertrauensfördernde Maßnahmen der bessere Weg. Leider wurde an dem Bild „guter Bürgermeister – böser Gemeinderat“ acht Jahre lang sehr erfolgreich gearbeitet, was auch praktisch alle Leserbriefe vom Donnerstag ausdrücken. Damit gewinnt man zwar die Empörung der Öffentlichkeit, dafür verliert man mit der Zeit immer mehr das Vertrauen derjenigen Gemeinderäte, die eben nicht qua Parteibuch und Fraktionszwang fast alles absegnen, was ihnen der Bürgermeister vorsetzt. Insbesondere, wenn erst mit der Öffentlichkeit und erst dann mit dem gewählten Gremium gesprochen wird, was leider in den letzten acht Jahren allzuoft die Regel war. Aber offensichtlich scheint das oben beschriebene Bild zu wirken, und darauf kommt’s wohl an.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. med. F.U. Deuringer

Beitrag teilen